Die Nachfolgeplanung für ein inhabergeführtes Unternehmen wird speziell im Mittelstand sehr häufig in die Zukunft verschoben. Grund dafür sind tagesaktuelle Aufgaben und Projekte, die weitaus wichtiger erscheinen. Wer sich um den Punkt der Nachfolgeplanung jedoch nicht frühzeitig kümmert, sieht sich irgendwann einer großen Herausforderung gegenüber. Und diese wird dann zwangsläufig viele Kapazitäten vereinnahmen. Grund genug sich mit dem Thema schon Jahre zuvor zu beschäftigen und die ersten Visionen zu entwickeln.
Es führen viele Wege nach Rom – aber nach Rom kommen alle!
Natürlich ist es ein probates Mittel die Notwendigkeit für eine lange Zeit auszublenden. Das verhindert jedoch nicht, dass die Notwendigkeit irgendwann dringlich wird. Und „dringend“ ist im unternehmerischen Umfeld ein Wort, dass auf eine kurze Frist und eine spontane Entscheidung hinweist. Vermutlich möchten nur die wenigsten auf diese Art und Weise ihren Lebensabend organisiert wissen und ihr Unternehmen hinterlassen.
Das Thema der Nachfolgeplanung ist sicherlich etwas, das mit der heutigen Realität wenig zu tun hat. An das Ende denken? Ausscheiden und etwas anderes? Nur sehr ungern und nachvollziehbarer Weise auch schwierig gestaltet sich anfangs das Gedankenmodell. Dabei ist allerdings nicht notwendig, dass die gesamte Nachfolgeplanung schon in diesem Moment entschieden werden muss. Vielmehr geht es darum den Zug symbolisch auf das Gleis in Richtung Rom zu setzen und einem gemütlichen Tempo zu fahren. So kann die Landschaft genossen, aber dennoch ein Fortschritt gemacht werden.
Wer sich hingegen nicht um die Nachfolgeplanung kümmert, läuft Gefahr die gleiche Strecke zu spät mit einem Hochgeschwindigkeitszug zurücklegen zu müssen. Dabei werden sowohl Abzweige übersehen als auch deutliche Einschränkungen bei der Wahl der Strecke. So wie der Unternehmer für sein Unternehmen eine langfristige Planung macht, sollte er auch gleichermaßen für sich selbst ein Zukunftsszenario entwickeln. In diesem sollte die Idee des Ausstiegs enthalten sein, damit dieser Punkt schon Jahre im Voraus langsam aber sicher auf den richtigen Weg gebracht werden kann.
Verschiedene Ziele bei der Nachfolgeplanung sind möglich
Es fällt schwer, dass eigene „Baby“ auf sich allein gestellt zu lassen. Dieser Übung sollte sich der Unternehmer im Rahmen der Nachfolgeplanung aber bereits frühzeitig stellen. Verlängerte Urlaube, Auszeiten oder auch die bewusste Verteilung von Verantwortungen für geschäftliche Projekte abseits der bisherigen Vorgehensweise sind Vorgänge, die bewältigt werden müssen. Nach und nach muss der Unternehmer dafür sorgen, dass er sich selbst für das Unternehmen „ersetzbar“ macht. Auf diese Art und Weise legt er den Grundstein für sein Ausscheiden und bestimmt gleichzeitig den Fahrplan für diesen langen Weg.
Was genau das finale Ziel in der Nachfolgeplanung sein soll, ist gleichermaßen eine Vision, die es zu entwickeln gilt. Ziellosigkeit bedeutet immer, dass alle Aktivitäten plan- und ziellos ablaufen und folglich auf kein endgültiges Szenario abgestimmt werden können. Entsprechend werden Ressourcen verschwendet, da die Orientierungslosigkeit für Irritation sorgt. Schon aus diesem Grund sollte der Unternehmer zuerst für sich selbst, unter Umständen mit einem Coach zusammen, eine Vision entwickeln, in welchem Zustand er das Unternehmen abgeben möchte.
Hierbei gibt es vor allem zwei Richtungen, in die das Projekt gesteuert werden kann. Ein maximierter Verkaufspreis spielt dabei sehr häufig eine große Rolle, da das Kapital für den Lebensabend benötigt wird. Dieses Ziel steht jedoch in einer Kongruenz zu dem Wunsch möglichst wenig Unruhe durch die Nachfolge in das Unternehmen zu bringen. In die sogenannten „guten Hände“ möchten viele Unternehmer ihr „Baby“ geben, wenn sie selbst ausscheiden. Hier gilt es sich die Gedanken weit im Voraus zu machen, damit eine eindeutige Fahrtrichtung vorgegeben werden kann.
Das „Danach“ definieren und selbst erfahren
Durch das Engagement im Unternehmen kommt bei vielen Unternehmern die eigene Lebensplanung zu kurz. In einer Nachfolge jedoch sollte sich der Unternehmer frühzeitig damit beschäftigen, welche Projekte er nach seinem Ausscheiden angeht. Einerseits können hier mit einem ausreichenden zeitlichen Vorlauf bereits erste Erfahrungen eingesammelt werden, die andererseits zu einer besseren Einschätzung des finanziellen Rahmens führen. Besteht eine Idee für das „Danach“, lässt sich die heutige Route dorthin deutlich besser definieren, damit die entsprechenden Vorgaben auch erreicht werden können.
Zuerst bedeutet dies vor allem eventuelle Deckungslücken zwischen dem heutigen Wert und dem Zielverkaufspreis für das Unternehmen zu schließen. Mit einigen Jahren Vorlauf kann der Wert noch immens gesteigert werden. Dabei kann auch gleichzeitig das Experiment gewählt werden die dafür notwendigen Projekte durch die Delegation von Verantwortung umzusetzen. So kann der Unternehmer frühzeitig üben sich selbst „ersetzbar“ zu machen und zurückzuziehen. Diese gewonnene Zeit sollte der Unternehmer investieren und herausfinden, wo seine Passion für den Lebensabend liegt.
Sprechenden Menschen kann geholfen werden
Natürlich ist das Ausscheiden des Unternehmers etwas, das im Unternehmen heiß diskutiert werden wird. Tritt der Unternehmer hier jedoch mit einer klaren Vision auf und kann die Zukunft entsprechend positiv an seine Mitarbeiter transportieren, kann er daraus einen Motivator für sein gesamtes Team schaffen. Zwar ist er hier nach wie vor im Lead und gestaltet selbst, aber es bietet sich die Chance für die Mitarbeiter entsprechend mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen.
Zudem ist der Exit ein Fakt, der mit zunehmendem Alter in der Gerüchteküche des Unternehmens unter Umständen sogar die Leistung hemmt. Hier kann die aufkommende Unsicherheit für die Mitarbeiter mit einer frühzeitigen Kommunikation gelöst werden. Hat der Unternehmer einen Plan und verwirklicht diesen gemeinsam mit seinem Team, ist der Fortbestand des Unternehmens für die Mitarbeiter nachvollziehbar. Folglich verstummt sowohl die Gerüchteküche, als auch der Zeiteinsatz dafür und die Unsicherheit.
Rollt der Zug, darf ihn nichts mehr stoppen
Der schwierigste Moment mit dem größten Kraftaufwand in der Zugfahrt das Anfahren des Zuges. Mehrere tausend Tonnen müssen beschleunigt werden, damit die Fahrt aufgenommen werden kann. Ähnlich sieht es bei der Nachfolgeplanung aus. Ist ein Anfang gemacht, sollte der Unternehmer mit seinem Team zusammen daran arbeiten, dass die Fahrt nicht mehr abfällt. Jede Verzögerung bedeutet die Verschwendung von Ressourcen und ein eventuelles Problem in der Zeitplanung.
Derjenige Unternehmer, der eine Maximierung des Verkaufspreises anstrebt, sollte also keinesfalls die Investitionen stoppen. Das wäre übertragen gleichzusetzen mit dem bewussten Entziehen von Antriebskraft oder Schmiermitteln, damit der Zug seine Fahrt beibehalten kann. Im ersten Moment mag es zwar funktionieren, doch die Folge durch Kolbenfresser oder eine heiß gelaufene Technik sind verheerend und wirken keinesfalls erhöhend auf den Verkaufspreis. Insofern sollte sich der Unternehmer mit seinem Team darauf konzentrieren den Wert für einen Nachfolger zu erhöhen.
Ein investierter Euro am heutigen Tag hat ab morgen die Chance eine Rendite einzubringen. Diese wird jedoch auf dem Zeitstrahl nach und nach abfallen, sodass sie eines Tages gegen null tendiert. Jeder nicht investierte Euro kann niemals eine Rendite erwirtschaften. Folglich muss der Fokus darauf liegen möglichst viele Rendite-Euros zu investieren, die dem Nachfolger einen Ertrag in der Zukunft bescheren. Und wer damit heute schon beginnt um seinen Exit in fünf oder zehn Jahren vorzubereiten hat durch den großen Vorlauf die Chance den Wert seines Unternehmens massiv zu steigern und vom Zinseszins-Effekt der Investitionen zu profitieren.